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“Der größte Genozid aller Zeiten”: Holocaustrelativierung bei Corona-Protest in Magdeburg

Aktualisiert: 10. Jan. 2022


Zur angekündigten “Mega-Demo” in Magdeburg versammelten sich am Samstag, dem 8. Januar 2022, insgesamt ca. 2.000 Menschen, die zum Großteil einem verschwörungungsideoligischen Spektrum zuzuordnen sind. Auch zahlreiche Rechtsextreme befanden sich unter den Teilnehmenden. Der Zulauf blieb somit zwar hinter den Erwartungen der Organisator:innen zurück, anhand der Personen, die sich vor Ort dennoch einfanden, zeigte sich jedoch einmal mehr, wie weit die Radikalisierung der sogenannten Corona-Proteste mittlerweile fortgeschritten ist.


Im Vorfeld hatten zahlreiche bekannte Akteure der Protestbewegung zur Demonstration in der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt aufgerufen. Neben dem in den letzten Monaten weitestgehend abgetauchten Bodo Schiffmann veröffentlichten auch der Homoöpath und Impfgegner Rolf Kron, die Anti-Impf-Aktivistin Carola Javid-Kistel oder der ehemalige AfD-Politiker Heinrich Fiechtner Videos, in denen sie dazu aufriefen, sich den Protesten anzuschließen. Auch Anhänger der Reichsbürger Bewegung sowie eine Gruppe von ehemaligen Soldaten und Reservisten hatte sich angekündigt.


Den verschiedenen Aufrufen folgten zahlreiche Rechsextreme, darunter NPD-Kader oder Akteure der Gruppierung “Neue Stärke Magdeburg”. Auch das sogenannte “Filmkunstkollektiv” des der Identitären Bewegung nahestehenden Simon Kaupert war vor Ort und dokumentierte die Ereignisse.

Einige Teilenehmende trugen Plakate eines Projekts des Vereins „Filmkunstkollektiv“

Aufgrund der Corona-Auflagen waren insgesamt zwei größere Veranstaltungen polizeilich genehmigt worden. Im Fokus der Aufmerksamkeit stand jedoch die um 13:00 beginnende Kundgebung am Alten Markt mit insgesamt 1.000 zugelassenen Teilnehmer:innen. Parallel dazu formierte sich ein aus ca. 500 Personen bestehender Aufmarsch auf den Straßen Magdeburgs, der lange Zeit durch Berliner Akteure der Corona-Proteste angeführt wurde. Sowohl auf der Veranstaltungsfläche als auch in den benachbarten Straßen erwies sich die Stimmung von Beginn an als aggressiv und pressefeindlich. Gleich zu Beginn etwa bedrängten Mitglieder der “Neue Stärke Magdeburg” abseits der Versammlung Journalist:innen und behinderten diese bei ihrer Arbeit. Ähnliche Szenen wiederholten sich im Laufe des Tages des Öfteren. Von der durch die Redner:innen oftmals betonten Friedlichkeit der Proteste war somit einmal mehr nichts zu vernehmen. Eben jene Redner:innen waren es zudem, die die Stimmung durch das Gesagte zunehmend eskalieren ließen. So fabulierte etwa die AfD-Bundestagsabgeordnete Christina Baum, der “Tag der Entscheidung” sei noch nie so nah wie an diesem Samstag.

AfD-Bundestagsabgeordnete Christina Baum

Die Rednerin Carola Javid-Kistel sprach dagegen davon, dass es sich bei der derzeitigen Impfkampagne um den “größten Genozid aller Zeiten” bzw. um einen “Völkermord” handele, der umgehend gestoppt werden müsse. Damit verbreitete sie zum einen Desinformationen bezüglich der Impfungen und zum anderen relativierte sie zeitgleich tatsächliche Genozide wie den Holocaust. Dass sie diese Ansicht nicht exklusiv hat, wurde im Anschluss in der Rede von Rolf Kron deutlich, der Javid-Kistels Genozid-Behauptung erneut wiederholte. Kron war es auch, der nach mehrmaliger Betonung seiner medizinischen Laufbahn fälschlicherweise verkündete, PCR-Tests und FFP2-Masken hätten keinerlei Wirkung. Insgesamt boten die Beiträge somit inhaltlich zwar nur wenig Neues, doch verdeutlichten sie abermals, wie weit die Ideologisierung der Protestbeteiligten mittlerweile vorangeschritten ist. Besonders eklatant zeigte sich dieser Umstand im abschließenden Wortbeitrag von Harald Fiechtner, der die Menge energisch dazu aufrief, durch die Stadt zu marschieren und es zudem als “patriotische Pflicht” bezeichnete, die Stadt Magdeburg “einzunehmen”.

Harald Fiechtner (2. v. l.) und Rolf Kron (2. v. r.)

Fiechtners martialitsiche Wortwahl trug maßgeblich dazu bei, dass sich im Anschluss hunderte von Demonstrant:innen vor Polizeiketten am Rande des Alten Marktes formierten. Die Aggression der Anwesenden äußerte sich in Gewaltandrohungen gegenüber der Polizist:innen. Vereinzelt wurden Beamt:innen als “Nazis” oder “Faschisten” tituliert und vulgär beleidigt.

Nach Ende der Versammlung zogen tausende Demonstrant:innen durch Magdeburg

Nach Ende der Versammlung am Alten Markt, schlossen sich gegen 14:30 tausende Personen verschiedenen nicht angemeldeten Protestmärschen durch die Magdeburger Innenstadt an. Geprägt waren auch diese durch eine Vielzahl extrem rechter Akteure und Neonazis. Mit der Zeit entspannte sich die zuvor dynamische und gewaltbereite Stimmung und die Demonstrant:innen teilten sich in immer kleiner werdende Gruppen auf.




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