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Von Tel Aviv nach Entebbe – Die Entführung der Air France Maschine 1976


13.05.2023, Mainz "Nakba-Demonstration"

30 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges und der Shoah entführten zwei deutsche Staatsbürger:innen mithilfe der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) am 27. Juni 1976 ein Flugzeug der Air France. Während der Entführung wurden Jüdinnen:Juden, darunter Überlebende der Shoah und israelische Staatsbürger:innen, von den restlichen Passagieren getrennt. Ziel der Geiselnahme war die Freilassung von 53 inhaftierten Gesinnungsgenoss:innen der Geiselnehmer:innen aus israelischen, deutschen, französischen sowie schweizerischen Gefängnissen. Die PFLP sowie ihre westdeutschen Kooperationspartner, die Revolutionären Zellen, bezeichneten die Geiselnahme als Freiheitskampf im Namen der Gerechtigkeit und des Antiimperialismus. Genau wie beim Olympia-Attentat 1972 oder dem Ma'alot-Massaker 1974 handelt es sich jedoch um einen antisemitisch motivierten Anschlag, der bezeichnend für die Kontinuität des Terrors im Namen vermeintlicher Gerechtigkeit ist.


Die Gründungsmitglieder der Roten Armee Fraktion (RAF) nahen Revolutionären Zellen, Wilfried Böse und Beate Kuhlmann, kaperten zusammen mit unbekannten Mitgliedern der PFLP, am 27. Juni 1976 eine Maschine der Air France mit 248 Passagieren auf dem Weg von Tel Aviv über Athen nach Paris. Die in Athen zugestiegenen schwer bewaffneten Entführer:innen leiteten das Flugzeug, mit Zwischenlandung im libyschen Benghazi, schließlich zum Flughafen Entebbe in Uganda um. Nach Landung der Maschine wurden die Geiselnehmer:innen laut Zeugenaussagen von dem ugandischen Diktator und Hitler-Verehrer Idi Amin mit offenen Armen willkommen geheißen und von seinen Truppen logistisch unterstützt.


Nachdem Böse und Kuhlmann die Geiseln selektiert hatten, ließ die westdeutsche-palästinensische Allianz die restlichen Passagiere frei. Die Bordcrew sowie der Pilot blieben freiwillig bei den restlichen 100 Gefangenen, wohl wissend, dass dies ihr Leben kosten könnte. Die Geiselnehmer:innen kommunizierten, dass sie alle Geiseln erschießen würden, wenn ihren Forderungen nicht Folge geleistet werde. 53 Insass:innen sollten durch diese Entführung befreit werden, darunter befanden sich Mitglieder der linksterroristischen RAF und der Bewegung 2. Juni, sowie diverse palästinensische Gefangene.


Während die israelische Regierung vorgab, kooperieren zu wollen und Verhandlungen mit dem ugandischen Diktator aufnahm, setzte sich der damalige israelische Verteidigungsminister Shimon Peres für eine militärische Befreiungsaktion ein. Nach einer Woche in Gefangenschaft stürmte das Befreiungskommando, unter der Leitung von Oberstleutnant Jonathan Netanjahu (Bruder des späteren israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu), am 4. Juni 1976 den Flughafen von Entebbe. Bei der Rettungsaktion wurden drei von 100 Geiseln sowie etwa 20 ugandische Soldaten im Feuergefecht getötet. Eine dieser drei Geiseln, die 75-jährige Dora Bloch, musste bereits vor dem Einschreiten des israelischen Sonderkommandos, aufgrund eines medizinischen Notfalls, in ein naheliegendes Krankenhaus gebracht werden. Infolge der gescheiterten Geiselnahme wurde Dora Bloch noch am selben Tag im Auftrag von Idi Amin ermordet. Auf israelischer Seite wurde lediglich ein Todesopfer verzeichnet. Jonathan Netanjahu kam bei einem Schusswechsel mit den Terrorist:innen ums Leben. Böse, Kuhlmann sowie die beiden Terroristen der PFLP wurden ebenfalls erschossen.


Linke Gruppierungen, wie der Kommunistische Bund Westdeutschland, bagatellisierten die Flugzeugentführung und glorifizierten die Entführer:innen als Märtyrer:innen. Diese Verherrlichung fand auch im Nahen Osten statt. So initiierte die PFLP, dass Plakate mit Porträts von Böse, Kuhlmann sowie den Terroristen der PFLP unter anderem in Bagdad angebracht wurden. Auf den Plakaten stand die Widmung: „Mit ihrem heiligen Blut haben unsere Genossen ein Epos für unser großes palästinensisches Volk geschrieben und eine neue Phase im Kampf gegen Imperialismus, Zionismus und Reaktion eröffnet“.


Die Militäroperation löste international unterschiedliche Reaktionen aus. Die jüdische Gemeinde lobte den gewagten, jedoch erfolgreichen Schritt des israelischen Militärs und feierte die Ankunft der befreiten Geiseln am Flughafen in Tel Aviv. Allerdings wurde das Vorgehen des militärischen Befreiungskommandos, insbesondere hinsichtlich der Verletzung der ugandischen Souveränität, von verschiedenen UN-Botschaftern stark kritisiert. Der israelischen Regierung wurde die mutwillige Eskalation des Konfliktes vorgeworfen. Bei einem Treffen des UN-Sicherheitsrates im Juli 1976 anlässlich der Ereignisse in Entebbe verglich der libysche UN-Botschafter Mansur Raschid Kechiya, die israelische Regierung mit dem Nationalsozialismus und dem Apartheidregime in Südafrika, was eine antisemitische Rhetorik darstellt, der sich heute noch pro-palästinensische Aktivist:innen bedienen.


Der Zusammenschluss von pro-palästinensischen Aktivist:innen und linken Akteur:innen spiegelt sich weiterhin auf Demonstrationen wider, dies gilt ebenfalls für die Glorifizierung von Terrorist:innen. Es gibt zwar keinen generellen Zusammenhang zwischen linken Ideologien und Gewaltverherrlichungen, jedoch gewinnen Terrorist:innen in einigen Kreisen an Anerkennung. Ein wiederkehrendes Phänomen auf Demonstrationen ist die öffentliche Glorifizierung der Flugzeugentführerin Leila Khaled, als Ikonen des palästinensischen Widerstandes.


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