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Deutschland als besetztes Land – geschichtsrevisionistische Compact-Demo in Leipzig am 26.11.22



Unter dem Motto „Ami go home“ fand am Samstag, den 26. November 2022 in Leipzig eine extrem rechte Demonstration des als gesichert extremistisch eingestuften und vom Verfassungsschutz beobachteten Compact-Magazins statt. Laut Polizeiangaben versammelten sich dabei etwa 900 Personen in unmittelbarer Nähe des US-Konsulats am Leipziger Simsonplatz. Nach der dortigen Kundgebung sollte ein Demonstrationszug durch die Straßen ziehen, der aber bereits nach wenigen hundert Metern von einer antifaschistischen Blockade gestoppt und zum Umkehren gezwungen wurde. Die erhoffte Inszenierung der Rechten blieb aus und die Teilnehmenden mussten früher als erwartet ihren Heimweg antreten. Trotz des erfolgreichen Gegenprotests mangelte es der vorangegangenen Kundgebung allerdings keinesfalls an Intensität. Nicht nur, dass einmal mehr eine Vernetzung verschiedener rechter Lager sichtbar wurde, die vom Bühnenwagen gehaltenen Redebeiträge waren von Geschichtsrevisionismus, Reichsbürger-Ideologie und antisemitischer Umwegkommunikation geprägt, die auf eine Schuldentlastung durch Täter-Opfer-Umkehr zielt.


Bereits seit Wochen mobilisierten das rechtsextreme Compact-Magazin und sein Chefredakteur Jürgen Elsässer für eine antiamerikanische „Großdemonstration“ in Leipzig. Eine eigene Website wurde erstellt und im Compact Online-Shop wurden Plakate, Luftballons und Fahnen verkauft, auf denen in großen Lettern „Ami go home“ zu lesen war. Zusätzlich wurde in den einschlägigen Telegram-Kanälen und auf anderen rechten Demonstrationen mobilisiert. Besonders die Demonstrationen am 03. Oktober 2022 und am 12. November 2022 in Gera und Erfurt sollten als Vorläufer dienen und die Leipziger Demonstration zu einem Fanal mit mindestens 15.000 Teilnehmenden werden lassen.

Compact-Chef Jürgen Elsässer

Stattdessen zählte die Leipziger Polizei ungefähr 900 Teilnehmende – eine katastrophale Bilanz für Elsässer und sein Compact-Magazin, das als Sprachrohr der extremen Rechten gilt.

Die Kundgebung am Simsonplatz war geprägt von rechtsextremen Akteur:innen und Inhalten. Neben einem Compact-Stand waren ebenfalls ein großer Stand der Freien Sachsen und ein Wagen des österreichischen Onlinesenders Auf1 vertreten. In Redebeiträgen wurde mehrfach die Freiheit Deutschlands gefordert und das Reichsbürger-Narrativ verbreitet, dass das heutige Deutschland ein von den USA besetztes Land sei – ein Vasallenstaat unter US-amerikanischer Fremdherrschaft. Dabei wurden auch immer wieder antisemitische Codes verwendet, als in diesem Zusammenhang z.B. von „parasitären Strukturen“ die Rede war.


Frank Haußner (Freies Thüringen) auf der Demo-Bühne

Die Rede von Frank Haußner (Freies Thüringen) stach besonders heraus, da sie in neonazistischer Tradition den deutschen Opfermythos bediente und eine eindeutige Täter-Opfer-Umkehr vornahm. Haußner sprach u.a. davon, dass die Besatzung Deutschlands mit einem großen Kriegsverbrechens an der Deutschen Bevölkerung im Frühjahr ‘45 begann und zu „über 800.000 deutschen Opfern“geführt habe. Bis heute seien die Auswirkungen der Amerikanisierung Deutschlands spürbar, z.B. in einem durch Lügen in die Deutschen gepflanzten „Schuldkults“. In der Dämonisierung der USA, als Land, das nicht nur das deutsche Volk kulturell vernichten wolle, sondern insgesamt die ganze Welt terrorisiere, zeigte sich wie Antiamerikanismus strukturell Antisemitismus gleicht. Hinter dem hier propagierten Begriff der Freiheit steht ein extrem rechtes, völkisch-nationalistisches Konstrukt, in dem das Leid von Jüdinnen:Juden und anderen Opfergruppen im Nationalsozialismus zugunsten eines starken Heimatgefühls unsichtbar werden soll. Der Traum einer Querfront soll dieses Ziel möglich machen und helfen, die nationalsozialistische Vergangenheit revisionistisch umzudeuten.Der Demonstrationszug, welcher direkt nach der Kundgebung starten sollte, verzögerte sich aufgrund von mehreren antifaschistischen Blockaden entlang der Strecke. Die linken Bündnisse „Leipzig nimmt Platz“ und „The streets are ours“ hatten im Vorfeld unter dem Motto „Elsässer go home“ zum Gegenprotest aufgerufen. Als der Demonstrationszug verspätet zum Laufen kam, musste er aufgrund einer weiteren Blockade bereits nach wenigen hundert Metern in der Friedrich-Ebert-Straße wieder angehalten werden. Eine Sitzblockade von ca. 600 Antifaschist:innen ließ eine Räumung unverhältnismäßig werden, so dass die rechte Demo von André Poggenburg (parteilos, ehem. AFD) nach Verhandlungen mit der Polizei als aufgelöst erklärt wurde. Der antifaschistische Gegenprotest verhinderte, dass die rechte Demonstration frei durch Leipzig laufen und sich so erfolgreich inszenieren konnte.








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