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Coronademo zum geänderten Infektionsschutzgesetz am 21.04.2021 in Berlin

Aktualisiert: 26. Apr. 2021


Mehrere tausend Menschen demonstrierten am 21.04.2021 in Berlin gegen die bundeseinheitliche Corona-Notbremse und das erweiterte Infektionsschutzgesetz. Dabei kam es zu vereinzelten Übergriffen auf Pressevertreter:innen, Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Polizei, sowie zu über 150 Festnahmen.


Unter Trommelklängen und Parolenrufen versammelten sich am Vormittag des 21. April ca. 8.000 Coronamaßnahmen-Kritiker:innen und Coronaleugner:innen auf der Straße des 17. Juni in Berlin. Zu der Kundgebung war im Vorfeld breit in den sozialen Netzwerken mobilisiert worden. Entsprechend hoch waren die Erwartungen - die Polizei war mit mehr als 2.000 Einsatzkräften vor Ort - entsprechend angespannt war zunächst auch die Stimmung.

Nach dem Einzug und den Reden einiger prominenter Akteur:innen der Coronademo-Szene wie Markus Haintz und Thorsten Schulte sowie des AfD-Bundestagsabgeordneten Hansjörg Müller, beruhigte sich die Stimmung jedoch bis zur Auflösung der Kundgebung.


Die Beiträge auf den beiden Bühnen der Kundgebung umfassten die mittlerweile schon bekannten Inhalte: Neben vereinzelter inhaltlicher Kritik an der Coronapolitik und den Coronamaßnahmen gab es immer wieder Leugnungen der Pandemie oder Verharmlosungen von Covid-19 als einfachem Grippeinfekt. Es kam, wie es für die Bewegung charakteristisch ist, vielfach zu Vergleichen mit der NS-Diktatur und zu Shoah-Relativierungen. Die kritische mediale Berichterstattung wurde als “Lügenpresse” diffamiert und die sogenannten Alternativen Medien z.B. von dem Journalisten und Coronademo-Aktivisten Uli Gellermann als die wahren und vertrauenswürdigen Medien deklariert, die es auszubauen gelte.


Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp von der “Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand” (KDW) sprachen ebenfalls von Lügen, zum einen im Zusammenhang mit dem Virus, zum anderen in Bezug auf die “politmediale Kaste”, wie Lenz den imaginierten Zusammenschluss von Regierenden und Medien nennt. Lenz skizzierte weiterhin, wie die sogenannte Demokratie-Bewegung die Regierenden mutmaßlich metaphorisch “einmauern” würden und zu dem neuen verfassungsgebenden Organ werden würde.


Auch verschwörungsideologische Positionen waren an der Tagesordnung. Diese traten insbesondere in der Rede des Querdenken-Aktivisten und Mitglied der neugegründeten Protestpartei “dieBasis” Markus Haintz hervor. Haintz sprach vom “Elitenkapitalismus” und den “Machteliten”, die Deutschland und die Welt regieren würden. Damit bediente er sich typischer Termini der meist antisemitischen Verschwörungserzählungen, die die Coronademo-Bewegung kennzeichnen. Sowohl Haintz als auch Anselm Lenz und Hansjörg Müller sprachen außerdem von der Notwendigkeit, sich ungeachtet der politischen Couleur zusammenzuschließen. Damit hoben sie einmal mehr den spektrumsübergreifenden Charakter der Querfront-Bewegung hervor, der von Beginn der Proteste an zu beobachten gewesen ist.


Diese Querfront verdeutlichte sich auf der Demonstration am 21. April durch eine vielschichtige Teilnehmerschaft. Aufgrund ihrer medialen Präsenz heraus stachen die Rechtsextremen Andreas Kalbitz, ehemals Landesvorsitzender der AfD Brandenburg, und Jürgen Elsässer vom rechtsextremen Compact-Magazin, der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner, der dem völkisch-nationalistischen Flügel der AfD zugeordnet wird, und der frühere AfDler Heinrich Fiechtner, der zusammen mit Thorsten Schulte eine zentrale Figur der verschwörungsideologischen Montagsdemos ist, und auf diesen u.a. wegen Bedrängungen von Pressevertretern aufgefallen war. Unter den Demonstrationsteilnehmenden befanden sich außerdem die Rechtsextremen Eric Graziani, Sven Liebich und Sebastian Schmidtke von der NPD. Liebich, der immer wieder auch im Kontext gewaltsamer Ausschreitungen auf Coronademos in Erscheinung getreten war, posierte vor dem nahegelegenen Denkmal der ermordeten Juden Europas mit dem Tagebuch der Anne Frank in der Hand und einem gelben "Judenstern" auf dem Pullover.


Weiterhin dem rechtsextremen Spektrum zugehörig zeigten sich vereinzelte Gruppen von Demonstrierenden durch szenetypische Kleidung und Tätowierungen. Auch umgedrehte Deutschlandfahnen und Reichsflaggen wiesen auf die rechte bzw. reichsbürgernahe Ausrichtung einiger Teilnehmender hin. Neben dieser Gruppierung fielen viele Anhänger:innen esoterischer Bewegungen ins Gewicht. Diese Gruppe scheint insbesondere mit der Impfdebatte auf den Coronademos noch präsenter geworden zu sein. Einiger Vertreter:innen der “freien Linken” sowie Menschen der gesellschaftlichen Mitte machten einen weiteren Teil der Teilnehmerschaft aus.


Die Demonstrierenden wie auch einige Redner:innen priesen wiederholt die angebliche Friedfertigkeit der gesamten Bewegung. Dass es in der Vergangenheit jedoch eklatante Probleme mit dieser proklamierten Friedfertigkeit gab und im Zusammenhang der Coronademos Angriffe auf Pressevertreter:innen exorbitant zugenommen haben, wiesen Akteur:innen wie Haintz oder Eva Rosen zurück und führten stattdessen an, angebliche V-Leute und Provokateure seien für Gewalt und Stimmungsmache verantwortlich.

Dies ist eine Strategie, auf die man sich innerhalb der heterogenen Bewegung geeinigt zu haben scheint. Auch die KDW benennt immer wieder die vermeintlichen eingeschleusten Provokateure als Urheber von Krawallen, um die Verantwortung für Ausschreitungen und gewaltsamer Übergriffe auf den Coronademos klar von sich zu weisen.


Wie sehr dies nur Strategie und nicht Realität ist, wurde auch auf der Demonstration am 21. April wieder deutlich: Es kam zu Steinewürfen auf die Polizei, mehreren Einschüchterungsversuchen und tätlichen Angriffen auf Pressevertreter:innen, wie auf Twitter dokumentiert (https://twitter.com/ver_jorg). Auch ein Vertreter des JFDA wurde von einem Demonstrationsteilnehmer angegriffen.


Am frühen Nachmittag löste die Polizei die Kundgebung wegen fehlender Einhaltung der Versammlungsbestimmungen auf. Diese Auflösung wurde von einigen kurzen Tumulten und einer ganzen Reihe von Festnahmen begleitet. Im Großen und Ganzen verlief die Beendigung der Versammlung jedoch recht geordnet. Ein “Aufstand” oder eine “Revolution”, wie sie von den Organisator:innen in den vergangenen Wochen mehrfach propagiert wurde, blieb auch an diesem Tag aus.




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