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Antisemitische Parolen auf “Revolutionärer 1. Mai”-Demonstration in Berlin


Wie in den vergangenen Jahren kam es auf der diesjährigen “Revolutionären 1.Mai”-Demonstration in Berlin zu antisemitischen Vorfällen. Mehrere Teilnehmer:innen trugen Plakate und Transparente mit antisemitischen Botschaften. Aus der Demonstration heraus wurden wiederholt antisemitische Sprechchöre gerufen.


Ein inhaltlicher Schwerpunkt der linken Demonstration lag in diesem Jahr neben der antikapitalistischen, sozialkritischen Ausrichtung auf der Thematisierung von Rassismus und Diskriminierung. Federführend im Organisations-Bündnis war die Gruppe Migrantifa Berlin. Motto der Versammlung, die um 17 Uhr auf dem Hermannplatz in Berlin-Neukölln begann, war “Yallah Klassenkampf”. Teil der Demonstration waren auch mehrere antizionistische Gruppen wie “Palästina spricht”, “Jewish Antifa Berlin”, “Queers* for a free Palastine” und “Jüdischer antifaschistischer Bund”.


Bereits kurz nach Beginn der Versammlung riefen Demonstrant:innen “From the river to the sea, Palestine will be free”. Der Slogan richtet sich gegen Israel, das als “Besatzungsmacht” angesehen wird und das in der von Antizionist:innen angestrebten Neuordnung der Region nicht mehr vorkommt. Die Forderung jedoch nach einer Zerstörung Israels, dem Zentrum des heutigen jüdischen Lebens, ist antisemitisch.


Auch riefen Teilnehmer:innen der 1. Mai-Demonstration “Apartheid Israel”. Sie äußerten sich damit ebenfalls antisemitisch, denn der Vorwurf, dass Israel ein Apartheidsstaat sei - wie das ehemalige Regime in Südafrika - zielt auf die Dämonisierung und Delegitimierung des jüdischen Staates. Auch die Gruppe “Queers* for a free Palastine” erklärte auf einem Transparent ihren Kampf gegen Apartheid, Rassismus und Islamophobie, erwähnte Israel dabei jedoch nicht explizit. Außerdem waren auf der traditionsreichen linken Demonstration BDS-Sprechchöre zu hören. Die Teilnehmer:innen solidarisierten sich damit also mit einer antisemitischen Bewegung, die für einen Boykott und die Zerstörung des jüdischen Staates Israel eintritt und dabei immer wieder auf klassische antisemitische Stereotype zurückgreift.


Eine Demonstrantin trug ein Plakat bei sich, auf dem “internationale Solidarität gegen Zionismus & Apartheid” gefordert wurde. Auch dies ist ein weit verbreitetes Motiv des antizionistischen Antisemitismus: Der Zionismus, die nationale Befreiungsbewegung der Jüdinnen und Juden, wird als rassistisches Unterfangen angesehen. Während weite Teile der Linken sich stets mit Befreiungsbewegung im globalen Süden solidarisch gezeigt haben, findet diese Solidarität beim jüdischen Volk schnell ihr Ende. Vielmehr muss sich Israel als einzige Demokratie im Nahen Osten vorwerfen lassen, ein rassistischer und menschenrechtsverachtender Staat zu sein.


Auch vor expliziten Aufrufen zu Gewalt und Terror gegen die israelische Zivilbevölkerung schreckten einzelne Teilnehmer:innen der traditionellen linken Demonstration nicht zurück. Sie riefen am frühen Abend "Stop the war, stoppt den Krieg, Intifada bis zum Sieg". Auch wenn diese Parole auf den ersten Blick einen pazifistischen Anschein erweckt, ist sie dies keineswegs: Als Intifada werden gewaltsame Angriffe und Terroranschläge gegen die israelische Bevölkerung in den 80er, 90er und 2000er Jahren bezeichnet.


Die “Jewish Antifa Berlin” erklärt auf ihrer Website ihre Solidarität mit der antisemitischen BDS-Kampagne, die für einen Boykott und faktisch für die Zerstörung des jüdischen Staates Israel eintritt. Die Gruppe “Jüdischer antifaschistischer Bund” ist eine Neugründung, die erst seit April 2021 öffentlich in Erscheinung ist. Die Teilnahme solcher jüdischen Gruppen an antizionistischen Veranstaltungen dient immer wieder dazu, sich von vornherein selbst von Kritik zu entlasten.


Alles in allem erinnerten die Bilder aus dem vordersten Block der diesjährigen “Revolutionären 1. Mai”-Demonstration vereinzelt eher an den israelfeindlichen Al-Quds-Marsch als an eine emanzipatorische linke Demonstration gegen Diskriminierung. Der antisemitische Al-Quds-Marsch bleibt den Berliner:innen in diesem Jahr voraussichtlich erspart. Umso trauriger ist es daher, dass eine Demonstration mit der Zielsetzung Anti-Diskriminierung an diesem 1. Mai 2021 in Berlin zum Ort antizionistisch-antisemitischer Parolen geworden ist.

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